EBN 21 | LEGRENZI: IL GIUSTINO

GIOVANNI LEGRENZI (1626–1690)
IL GIUSTINO
Melodramma in tre atti
Venezianische Fassung.
Libretto von Niccolò Beregan

Praktische Ausgabe mit musikalischen Ergänzungen von Michael Behringer auf der Basis des wissenschaftlichen Manuskripts von Rudolf Bossard

Besetzung
Anastasio (S), Arianna (S), Giustino (S), Eufemia (S), Vitaliano (A), Andronico (S), Amantio (T) Polimante (B), Erasto (B), Brillo (B), Ombra di Vitaliano seniore (B), Atlante (B), Venere (S), Allegrezza (S), Fortuna (S), Gloria (S), Eternità (A) Tromba, Vl I/II, Va I/II, B.c.

Materialien
Partitur und Aufführungsmaterial als Leihmaterial erhältlich
Libretto. Vollständiger italienischer Text und deutsche Übersetzung mit Erläuterungen von Sabine Radermacher
€ 12,-

Urheberrechtlich geschützt gemäß §§70/71 Abs. 1 UrhG. Aufführungen sind der VG Musikedition zu melden.

Anders als noch in Monteverdis oder Cavallis Opern der Jahrhundertmitte sind gegen Ende des 17. Jahrhunderts die langgesponnenen Soloszenen aus der venezianischen Oper verschwunden. Die Rezitative sind nun knapp gefasst und immer wieder von kleinen ariosen Passagen oder den kurzen, aber sehr zahlreichen (um die 80!) Arien durchzogen. Es entsteht ein buntes und bewegliches Spiel aus vielen kleinen Mosaiksteinchen, das von der starren und immer gleichen Einteilung der späteren Opera seria in lange Rezitative und noch längere Da-capo-Arien denkbar weit entfernt ist.
Beschleunigung und Kontrast, Überraschung, Staunen und die Faszination am Unerwarteten sind die Merkmale der venezianischen Oper des späten Seicento. Was den Opernreformern einige Jahrzehnte später schließlich buchstäblich zu bunt geworden war, ist dem heutigen Betrachter eng vertraut. Schnelle und kurze Schnitte sind ein typisches Merkmal unserer Musikclip-Kultur, und die Aufteilung der Handlung in viele kleine Episoden hat sich auch im modernen Kino seit Robert Altmans „Short cuts” als äußerst produktives Stilmittel erwiesen.

Nach der furios aufgenommenen venezianischen Uraufführung des „Giustino” im Teatro San Salvatore 1683 wurde das Stück in den folgenden zwanzig Jahren von nahezu allen wichtigen Opernhäusern Italiens übernommen.
Nicht nur die Musik des Maestro di cappella von San Marco, dessen Kompositionen noch Meister späterer Generationen wie J. S. Bach oder G. F. Händel zu schätzen wussten, sondern auch das für eine Barockoper selten stringente Libretto trug wesentlich zu diesem außergewöhnlichen Erfolg bei.
Als Legrenzis Musik schließlich zu Beginn des 18. Jahrhunderts aus der Mode gekommen war, blieb Niccolò Beregans Schilderung vom sagenhaften Aufstieg des Bauern Giustino zum Kaiser immer noch präsent. Sie bildete die Grundlage für zahlreiche Neuvertonungen des Stoffes von Komponisten wie Albinoni, Vivaldi oder Händel: Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass Beregan mit seinem „Giustino” eines der bedeutendsten Libretti des Barock geschaffen hat.